Le vieux Cevenol (Londres, 2. Aufl. 1784)
[Jean-Paul Rabaut Saint-Étienne]:
Le vieux Cevenol, ou Anecdotes de la vie d´Ambroise Borély, mort à Londres, âgé de cent trois ans, sept mois & quatre jours
Der alte Cevenole oder Anekdoten aus dem Leben von Ambroise Borély, gestorben in London im Alter von hundertdrei Jahren, sieben Monaten & vier Tagen
(dr). Der hugenottische Geistliche und spätere Politiker Jean-Paul Rabaut Saint-Étienne wird am 14.11.1743 in Nîmes (Südfrankreich) geboren. Aus Sicherheitsgründen schickt ihn sein Vater Paul Rabaut, Pastor der verfolgten Untergrundkirche, noch als Kind nach Lausanne zu Antoine Court. Hier studiert Rabaut Saint-Étienne später Theologie und wird 1764 zum Pastor in Nîmes ordiniert.
Als bekannter und philosophisch gebildeter Prediger tritt er zusammen mit anderen für die zivilrechtliche Gleichstellung der Protestanten ein. So verfasst er anonym (pseudonym?) die 1779 veröffentlichte Schrift Triomphe de l´Intolérance, ou Anecdotes de la vie d´Ambroise Borély, mort à Londres, âgé de cent trois ans, recueillies par W. Jesterman (Londres, 1779). Deren Zweitauflage erscheint 1784 unter dem Titel Le vieux Cevenol, ou Anecdotes de la vie d´Ambroise Borély. Darin schildert Rabaut Saint-Étienne die auswegslose Lage eines Hugenotten namens Ambroise Borély, dem als Protestante die Ausübung fast aller Berufe verboten ist. Gefolgt wird die Abhandlung von Reflexionen darüber, dass der König entsprechend die zahlreichen Gesetze gegen die Protestanten (im Sinne ihrer Aufhebung) „modifizieren“ müsse.
Tatsächlich erlässt Ludwig XVI. im Jahre 1787 das sog. »Toleranzedikt«, das den Protestanten zwar nicht Kultusfreiheit, jedoch bürgerliche Rechte zusichert. Während der Französischen Revolution 1789 befindet sich Rabaut Saint-Étienne in Paris: Als Mitglied der Französischen Nationalversammlung arbeitet er aktiv an der Ausgestaltung der Verfassung mit, setzt sich aber zugleich für die Beibehaltung der Monarchie ein. Bei seinem Einsatz für die allgemeinen Menschen- und Bürgerrechte betont er wiederholt, dass »die Freiheit des Gewissens und der Meinungsäußerung ein unveräußerliches und unantastbares Recht« sei und »alle Franzosen die gleichen Rechte« haben müssen. Auch fordert er in der Nationalversammlung nicht nur Toleranz gegenüber den Protestanten, sondern deren umfassende Freiheit (»Ce n´est même pas la tolérance que je réclame; c´est la liberté«) – mit Erfolg, wie die sodann zugesicherte Gewissensfreiheit, der Zugang zu allen zivilen und militärischen Posten und das Gewähren der freien Religionsausübung verdeutlichen.
Zwei Jahre nach seiner Wahl zum Präsidenten der Nationalversammlung (1790) wird Rabaut Saint-Étienne 1792 auch Mitglied des Nationalkonvents, wo er als Girondist im Gegensatz zu den radikalen Haltungen Robespierres und Marats zur Mäßigung mahnt. Wie bereits gegen andere, wird im Zuge der Revolution bzw. jakobinischen Schreckensherrschaft schließlich auch gegen ihn ein Haftbefehl erlassen: Obwohl er sich zunächst verstecken kann, wird Rabaut Saint-Étienne entdeckt und am 05.12.1793 in Paris auf der Guillotine hingerichtet.
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