Chaine d´or pour enlever les âmes de la terre au ciel (La Haye, 1740)
Autor und Titel
[J. Stevens]
La Chaine d'or pour enlever les âmes de la Terre au Ciel. Ou Considerations importantes sur les quatre fins de l'Homme, la Mort, le Jugement, l'Enfer, & le Paradis. Avec des avis très utiles pour bien mourir
Die Goldkette um die Seelen von der Erde in den Himmel zu erheben. Oder wichtige Betrachtungen über die vier Enden des Menschen, den Tod, das Gericht, die Hölle und das Paradies. Mit sehr nützlichen Ratschlägen um gut zu sterben
Historischer Kontext 01
(dr). Um der desolaten äußerlichen und geistlichen Situation der Hugenotten in Südfrankreich zu Beginn des 18. Jahrhunderts zu begegnen, wurden aus dem Ausland auch viele Bibeln, Katechismen und andere christliche Literatur ins Land geschmuggelt. Nach den entsprechenden Aufzeichnungen des Predigers und Kamisarden Pierre Corteiz (1683-1767) ist dabei Chaine d´or das häufigste so ins Land gebrachte Buch.
Historischer Kontext 02
Das Buch Chaine d´or wurde mehrmals neu aufgelegt. Aus verschiedenen Bibliotheksbeständen sind folgende Auflagen bekannt:
- London: D. Du Chemin, Marchand Libraire dans le Strand, 1699
- Lausanne: David Gentil, Marchand Libraire, 1703
- Amsterdam: Estienne Roger [ca. 1710]
- La Haye: Pierre Paupie, 1740 – Sammlung PRISARD
- Cassel: Jacob Pierre Valescure, 1748
- Toulouse: Société des Livres Religieux, 1862 (Nachdruck)
Klandestine Literatur der Wüstenkirche
- Bible de Chignon
- Psautier de chignon
- Hugenottenbibel
- Le vrai communiant ou Traité de la Saint Cene
- Les véritez et les devoirs de la religion chrétienne, ou Catéchisme pour l'instruction de la jeunesse / Elemens du Christianisme, ou Abregé des véritez et des devoirs de la Religion chrétienne, A l´usage des plus petits Enfans
- Liturgie pour les Protestans de France
- Pseaumes de David
- Wüstenliturgie
Weitere Empfehlungen
- Index Librorum Prohibitorum
- 1717 Déclaration du Roy, Zensur von inländischen Drucksachen
- 1717 Arrêt du Conseil d´État du Roy, Zensur von ausländischen Drucksachen
Buchauszug 01
[7-8] „Meine sehr geliebten Brüder [und Schwestern], [...] heute lebt ihr noch, aber vielleicht sterbt ihr morgen schon. Bedenkt daher die Kürze eures Lebens recht, und auch, wie sehr die Stunde eures Todes ungewiss ist. Selbst wenn ihr euch nie besser befunden habt: Wenn ihr schlafen geht, habt ihr keinerlei Gewissheit, ob ihr auch wieder aufwachen werdet. Und wenn ihr aufsteht, wisst ihr nicht, ob ihr auch wieder schlafen gehen werdet. Der Tod ist allen Menschen geboten, und er ist ebenso gewiss wie die Stunde ungewiss ist, wann er kommt. Es gibt nichts in der Welt, was fähig wäre, ihn[, den Tod,] abzuwehren, wenn er kommt. Er reißt alle mit, die sich auf seinem Weg befinden; Reiche und Arme, Junge und Alte, […]. Wenn der Sand der Sanduhr abgelaufen ist, heißt es zu gehen und dieses Leben für ein besseres Leben zu verlassen, oder für ein schlimmstes Leben, je nach dem, ob man seine Zeit gut oder schlecht genutzt hat. Ich beschwöre euch daher, ihr christlichen Seelen, eure Umkehr nicht etwa auf einen anderen Tag hinauszuschieben, weil ihr nicht einmal wisst, ob ihr noch das Ende dieses Tages sehen werdet. Wartet nicht bis ihr auf dem Totenbett seid, um euch auf ein gutes Sterben vorzubereiten, sondern versetzt noch während eurer Gesundheit eure Angelegenheiten und eure Seele in einen derartigen Zustand, dass ihr, wenn der Tod kommen wird, nichts anderes mehr zu tun habt als zu sterben. Denkt also nicht nur daran, wie ihr in dieser Welt leben werdet, sondern auch, wie ihr in der Welt leben werdet, die noch kommt.“
Ü: BFHG
Buchauszug 02
[64] „Meine Brüder [und Schwestern], das, was der Herr von euch verlangt, damit ihr rechtschaffen und gerecht seid, ist, dass ihr es liebt zu vergeben, dass ihr demütig mit Gott wandelt, dass ihr ganz mit der Sünde Schluss macht, dass ihr sie für etwas so Entsetzliches haltet, dass ihr nie wieder dahin zurückfallt, und dass ihr mehr und mehr auf das Ziel eurer Berufung in Jesus Christus, unserem Herrn, zu geht.“
Ü: BFHG
Buchauszug 03
[89] „Meine sehr geliebten Gefährten im Exil, ich beschwöre euch, durch das Mitleiden Christi, dass ihr euer Möglichstes tut um das zu praktizieren, was ihr hier gelesen habt, weil dies der wahre Weg ist gut zu sterben. Denkt alle Tage aufmerksam an den Tod, an die große Rechenschaft, die ihr eines Tages abzulegen habt, und an das Glück oder Unglück, das diesem Leben unweigerlich folgen wird. Prüft euch mit der größtmöglichen Sorgfalt, damit ihr erkennt, ob ihr Gott mit all eurer Kraft liebt und euren Nächsten wie euch selbst: Fragt euch jeden Tag, ob ihr Gott wirklich allen anderen Dingen vorzieht, euren irdischen Interessen, euren Freunden, euren Eltern, und schließlich sogar eurem eigenen Leben.“
Ü: BFHG
Buchauszug 04
[94-95] „Schließlich, Junge und Alte, Männer und Frauen, Reiche und Arme, lasst uns acht geben und nie vergessen, dass es uns geboten ist zu sterben und vor dem Jüngsten Gericht zu erscheinen. Lasst uns immer eine heilige Unruhe über den Zustand haben, in dem wir uns befinden. Hüten wir uns gut davor, uns in einer gefährlichen Sicherheit zu wähnen, statt unsere Zuversicht auf die Sicherheit zu setzen, die in unserem Frieden mit Gott begründet ist. Dieser Fehler wäre der verdammenswerteste von allen. Wir haben unsere Heimat verlassen, unsere Eltern, unsere Freunde, unsere Güter, um den Lichtern unseres Gewissens zu folgen. Das ist bereits etwas, aber es ist noch nicht alles. Wir müssen es vollenden, auch mit allen anderen Banden zu brechen, die uns noch an die Welt fesseln, damit wir nur noch an Gott denken, nur noch Gott lieben und – in einem Wort – damit wir nur noch für Gott wirken. Unsere Zeit ist kurz: Steigern wir unsere Bestrebungen wieder, lassen wir unseren Fleiss wieder aufleben, beten wir ohne Unterbruch für uns selbst, für die Kirche, und besonders für unser armes, trostloses Zion. Können wir uns wirklich mit allerlei Vergnügungen und Freuden beschäftigen, während unsere armen Brüder in Frankreich in den Klöstern, in den Gefängnissen, in den Verliesen und auf den Galeeren stöhnen? Und können wir uns wirklich mit allerlei Vergnügen und Freuden beschäftigen, während unsere Märtyrer mit ihrem Blut die Wahrheit besiegeln und ihr Leben zur Besprenung des Opfers hingeben?“
Ü: BFHG
Buchauszug 05
[Buchende, 98] „Schließlich, großer Gott, gib mir die Gnade so zu leben, dass ich eines Tages mit dem Heiligen Paulus sagen kann: Ich habe den guten Kampf gekämpft, ich habe das Ziel des Laufes erreicht, ich habe am Glauben festgehalten: Nun liegt der Siegeskranz für mich bereit, die Gerechtigkeit, die der Herr, der gerechte Richter, mir an jenem [großen] Tag geben wird. Amen.”
Ü: BFHG/Bibelzitat nach Neue Genfer Übersetzung