Lettres choisies de Mr. Fléchier... avec une relation des fanatiques du Vivarez (Paris, 1752)

© Sammlung PRISARD
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[Esprit Fléchier]:

Lettres choisies de M[onseigneu]r. Flechier... avec une relation des fanatiques du Vivarez, et des reflexions sur les differens caractéres des hommes

Ausgewählte Briefe seiner Exzellenz Flechier... mit Bezugnahme auf die Fanatiker des Vivarais und einigen Überlegungen zu den verschiedenen Charakterzügen der Menschen

 

(dr). Der am 10.06.1632 in Pernes (bei Avignon) geborene Kanzelredner und spätere Bischof Esprit Fléchier erhält 1687 das Bistum Nîmes (Südfrankreich) zugewiesen. Der von Ludwig XIV. begünstigte und für seine Güte und Wohltätigkeit bekannte Bischof nimmt in verschiedenen überlieferten Briefen Bezug auf die Ereignisse des Kamisardenkrieges (1702-1710). Am 16.02.1710 stirbt Fléchier im südfranzösischen Montpellier.

 

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▼ Buchauszug (Bd. 2, Ü: BfHG)

 

[2] „Sie haben Recht, gnädige Frau, uns zu dem friedlichen Zustand zu beglückwünschen, in dem wir uns gegenwärtig in unseren Diözesen befinden. Es ist jedoch schwierig, sich auch für die Zukunft bezüglich den derartig verdorbenen und erzbösen Leute, wie diese es gewesen sind, sicher zu sein. Sie scheinen sich beruhigt zu haben, sie töten nicht mehr, sie brandschatzen nicht mehr, sie begeben sich wieder an die Arbeit und haben sich bequemt, wieder in ihren Häusern zu schlafen und in Frieden das Brot zu essen, das sie während des Tages verdient haben. Wir haben hier alle ihre Anführer erlebt, die einen noch verrückter und elender als die anderen und doch nannten sie sich Evangelisten, Prediger, Propheten. In Zwischenzeit sind sie fortgezogen, um ihre Ausschweifungen ins Ausland zu tragen. Monseigneur Marschall de Villars hat diese Angelegenheit mit äußerster Vorsicht geregelt und hat sie ohne Blutvergießen zur Ruhe gebracht, was uns sehr angenehm war." - Montpellier, 08.01.1705

▼ Buchauszug (Ü: BfHG)

 

[4-5] "Nachdem ich Neujahrsgruss um Neujahrsgruss, Wünsche um Wünsche zum diesjährigen Jahreswechsel erwidert habe, gestatten Sie bitte, Monseigneur, dass ich Ihnen gegenüber zum Einen meine Freude darüber ausdrücke, dass es bei uns ruhig geblieben ist, zum Anderen aber auch den Kummer, Monseigneur Marschall de Villars fortziehen zu sehen. Ihm kommt die Genugtuung zu, die Provinz in einem beruhigten Zustand zu hinterlasssen. Man tötet nicht mehr, man sieht keine bewaffneten Leute mehr, man reist ohne Gefahr und ohne Eskorte. Und obwohl man sich nicht für die Zukunft verbürgen kann in einem […] Gebiet wie diesem, kann man doch gegenwärtig hoffen, dass wir uns tatsächlich dauerhaft dieser Ruhe erfreuen können, wie Sie sie uns wünschen. Die Leute vom Land beginnen ihre Augen zu öffnen und wirken entschlossen, ihr eigenes Brot zu essen und zu ihrer Bequemlichkeit in ihren eigenen Häusern zu schlafen. Die Rebellen selbst sind es leid, ein so schwieriges und so gefährliches Leben zu führen und ergeben sich nach und nach. Wir haben hier alle Prediger und ihre Propheten erlebt, die einen noch elender und verrückter als die anderen. Glücklicherweise sind sie alle in Zwischenzeit gegangen, um ihre Ausschweifungen und ihr elendes Tun ins Ausland zu tragen. So hat Monseigneur Marschall de Villars Grund zufrieden zu sein, dass Leben einer Vielzahl guter Leute gerettet und sogar das Blut so vieler Rebellen verschont zu haben.“ - Montpellier, 08.01.1705

▼ Buchauszug (Bd. 2, Ü: BfHG)


[9-10] "Dem Himmel sei Dank erfreuen wir uns gegenwärtig einer gewissen Ruhe. Unsere Fanatiker sind endlich desillusioniert. Zwar sind sie mehr durch die Leiden, die sie selbst erlitten haben, dazu gebracht worden, als von denen, die sie anderen zugefügt haben. Sie haben von der Gnade des Königs Gebrauch gemacht. Die Anführer haben sich ergeben und sind ins Ausland gegangen, wohin sie auch ihre Gottlosigkeiten und ihre Ausschweifungen mitgenommen haben. Und obwohl die Geister in Bezug auf die katholische Religion noch überall sehr verdorben sind, haben wir dennoch den Trost, dass man nicht mehr tötet, nicht mehr brandschatzt und dass die Ackerfelder sich zwar unmerklich, aber dennoch stetig zum Guten hin entwickeln.“ - Montpellier, 15.01.1705

▼ Buchauszug (Bd. 2, Ü: BfHG)

 

[19-21] "Sie nehmen zu sehr Anteil an den Angelegenheiten dieses Landes, mein Herr, als dass man Sie im Unklaren bleiben lassen sollte über das, was sich hier abspielt. Ich habe nie gewagt ihnen mitzuteilen [w. sie rufen zu lassen], dass die Revolte zu Ende sei. Die Geister der Städte und vom Land waren durch die vergangenen Unruhen derart verdorben und die elenden Anführer und Schurken waren von hier so in ihre Bosheit verbissen fortgezogen, dass ich immer noch sehr glaubte, dass die kleine Ruhe, derer wir uns erfreuen, eher eine Unterbrechung und weniger ein Ende unseres Unglücks darstellt. Seit einiger Zeit erfahren wir, dass mehrere dieser vermeintlich inzwischen anständigen Leute in diese Provinz zurückgekehrt sind, dass sie im Geheimen viele Jugendliche angeworben und Waffen angesammelt haben und dass sie sich in unseren Diözesen verteilen, um hier die [Neu-]Eröffnung von Feldzügen zu erreichen. Das Geheimnis wurde gut bewahrt. Dennoch fehlte es nicht an indiskreten Leuten unter ihnen, die einen kommenden Aufstand und noch traurigere Erlebnisse als die vorhergegangenen voraussagten.

  Alles war fast schon vorbereitet, Pulver, Waffen, Rekruten, als die Herren de Barv. und Bav…. sichere Anzeige erhalten haben von dem, was sich fast vor ihrer Tür zusammenbraut. Daher hat man in der Nacht die verdächtigen Häuser in Montpellier durchsucht und hier die Anführer gefunden. Vor allem einen Dragoner namens de Fimarcon, ein Deserteur, zurückgekehrt aus dem Ausland mit dem Zutrauen der Verbündeten. Er wurde getötet, als er sich verteidigte, und man hat bei ihm Papiere gefunden, aufgrund derer man mehrere mitverschworene Personen mit ebenso bösen Absichten verhaftet hat.
  Man wusste, dass die bösartigsten von ihnen sich in Nîmes aufhielten. Durch das größte Glück der Welt hat man hier Ravanel, Catinat [gemeint sind die bekannten Kamisardenführer] und einige andere dieser Rebellen gefangen, deren Machenschaften man aufgedeckt hatte. Einige Kaufleute unserer Stadt sind ebenso darin verwickelt. Die Herren de Barv. und de Bav. haben sich hierhin begeben. Letzterer kommt, um über vier der Rebellen das Urteil zu sprechen: Zwei von ihnen sollen lebendig verbrannt werden, wegen Frevels [w. Sakrilegs], Rebellion, Mord usw. Den zwei anderen sollen die Knochen gebrochen werden. Morgen wird man weitere richten. Sie hatten eine Revolte beabsichtigt, vorbereitet im Languedoc, in der Dauphiné und im Vivarais, und sie wollten die Ehre haben sie einzuleiten. Sie hatten die Absicht, an verschiedenen Orten von Nîmes und Montpellier Feuer zu legen und – während man sich damit beschäftigte sie zu löschen – sich der Wachkorps und der Waffen zu bemächtigen und gleichzeitig ihre Leute auf dem Land in Bewegung zu setzen in der Hoffnung, dass Katholiken, die der erhobenen Steuer müde sind, sich ihnen anschliessen würden und dass man gezwungen wäre, die Truppen aus Savoyen hierhin kommen zu lassen.
  Die feindliche Flotte aus dem Ausland und der Name Herr de Miremont […] waren der Anlass für ihre Hoffnungen. Das also sind ihre Verrücktheiten und ihre Visionen. Allerdings sind es gefährliche Verrückheiten und Visionen. Ich hoffe, dass diese Verschwörung im Blut dieser Schurken abgetötet wurde. Es ist jedoch sehr ärgerlich, ständig einen blutigen Krieg befürchten zu müssen, der über einen gewöhnlichen Bürgerkrieg hinauszugehen droht." - Nismes, 21.04.1705

▼ Buchauszug (Bd. 2, Ü: BfHG)

 

[21-22] "Wie sehr Sie doch Recht haben, mein Herr, die Aufdeckung der Verschwörung, die sich in diesem Land zusammenbraute und die kurz davor war auszubrechen, als eine Wirkung der Vorsehung Gottes anzusehen. Die Sendboten Englands und Hollands sowie die von hier verjagten und sodann heimlich zurückgekehrten Schurken – frühere Anführer der Fanatiker – und einige unglückselige Bürger von Nîmes und Montpellier haben dieses finstere Werk geleitet. Die Anwerbung der verdorbenen Jugend, die Anhäufung von Pulver, Kugeln usw. wurde in den Städten und auf dem Land heimlich bewerkstelligt. Die Hoffnungen auf ausländische Hilfe […] erschienen ihnen naheliegend und sicher zu sein. Wie ein Geschenk vom Himmel ist dann die [w. eine] Anzeige des Vorhabens gekommen. Daraufhin hat man einen dieser Unruhestifter [w. Bläser des Aufruhrs] verhaftet, der wiederum andere auffliegen liess, jene dann wiederum andere. Einige, noch ganz benommen vom Schlag und ihre Verbrechen sichtbar auf ihren Gesichtern tragend, haben sich der Justiz ohne Nachzudenken ausgeliefert und wir wollen hoffen, dass Gott es nicht zulassen wird, dass die übriggebliebenen bösartigen Geister ihre bösartigen Absichten vollenden" - Nismes, 01.05.1705

▼ Buchauszug (Bd. 2, Ü: BfHG)

 

[87] "Dem Herrn sei Dank herrscht gegenwärtig große Ruhe. Wir sind zufrieden, dass Cavalier auf der englischen Flotte in Richtung England an Bord gegangen ist. Ganz bestimmt wird dieses Schiff, wegen Cavalier mit so vielen Verbrechen beladen, untergehen. Ein unvorhergesehenes Unwetter wird sich erheben und es an einem schrecklichen Felsen zerschmettern: Ebenso gut wäre aber, wenn dieser Schurke hier bei uns unter einem Rad den Tod finden würde [d.h. gerädert würde]." - Nismes, 15.08.1706

▼ Buchauszug (Bd. 2, Ü: BfHG)

 

[91] "Was uns anbelangt, gnädige Frau, leben wir ziemlich ruhig. Dennoch erheben sich immer wieder kleine Truppen von neuen Verbrechern, die bereits zwei oder drei Priester getötet haben. Wir passen auf, wir bestrafen sie." - Nismes, 08.09.1706

▼ Buchauszug (Bd. 2, Ü: BfHG)


[117] "Wir fürchten Cavalier nicht mehr, alles ist ruhig in diesem Gebiet." - Nismes, 13.04.1707