Taufbescheinigung au Désert (o.O., 1762)

AUT.18.008 Taufbescheinigung, ausgestellt au Désert (»in der Wüste«) durch Pastor Pierre Sicard (»Sicard Le Jeune«) (o.O., 1762) / © Sammlung PRISARD
AUT.18.008 Taufbescheinigung, ausgestellt au Désert (»in der Wüste«) durch Pastor Pierre Sicard (»Sicard Le Jeune«) (o.O., 1762) / © Sammlung PRISARD

Transkription

01 Nous Soussigné certifions à tous ceux qu´il
02 ap[p]artiendra que l´an Mil Sept cent Soixante
03 Deux et le troisieme Janvier nous avons Batisè au
04 Desert Jaques fils à Jaques Feu et à Marie Mouchat[ier?]
05 mariés haut de [---], né le Sixieme Descembre
06 D´ernier. presenté au St. Batème par des personnes
07 compettants comme il apert par nos Registres.
08 Expedié au Desert le Jour et an que dessus

09 SICARD lejeune Ministre
10 au St. Evangile

Übersetzung

»Wir, die Unterzeichnenden, bestätigen allen, denen dieses [Dokument] vorgelegt wird, dass wir am dritten Januar 1762 in der Wüste Ja[c]ques getauft haben, Sohn des verstorbenen Ja[c]ques und der Marie Mouchat[ier?], verheiratet, aus der Ortschaft von [---], geboren letztes [Jahr] am sechsten Dezember. Dargebracht zur Heiligen Taufe durch [hierzu] bevollmächtigte Personen, wie in unseren [Tauf-]Registern ersichtlich. Ausgestellt in der Wüste an dem oben genannten Tag und Jahr.
[Unterschrift] SICARD der Jüngere, Diener des Heiligen Evangeliums.«

Biografie

(dr). Pierre Sicard (auch: Duval, Laval, (Sicard) Le Jeune) wird 1735 in Saint-Sever (Haut-Languedoc/Haute-Guyenne) geboren. Wie zuvor sein Bruder Jean Sicard studiert er am Predigerseminar von Lausanne (Séminaire de Lausanne) reformierte Theologie (1754-1759). Er wird 1760 im Haut-Languedoc als Pastor der Reformierten Kirche Frankreichs ordiniert und wirkt fortan u.a. in der Umgebung von Castres (Département Tarn) im Untergrund. Mit Bekanntgabe des Todesurteils für François Rochette, den letzten hingerichteten Pastor »der Wüste« (1762), wird auch Sicard nochmals frankreichweit zur Fahndung ausgeschrieben: Er sei – wie andere namentlich genannte Pastoren – ins Gefängnis zu führen, damit auch ihm der Prozess gemacht werden könne. Sollte eine Verhaftung nicht möglich sein, so solle er als verbannt betrachtet und sein gesamter Besitz konfisziert werden. 1763 nimmt Sicard als Delegierter an der Nationalsynode teil.

 

Die Jahre 1760-1789 markieren insgesamt eine Phase immer größer werdender Toleranz gegenüber den Protestanten: Die Zahl der protestantischen Geistlichen wächst in dieser Zeit von 62 (1763) auf 150 (1783) Pastoren an. Die lange Leidens- und Verfolgungszeit endet, als Ludwig XVI. (1754- 1793) den Protestanten mit einem Toleranzedikt (1787) die zivilrechtliche Anerkennung zugesteht. Die Religionsfreiheit erhalten sie 1789 im Zuge der Französischen Revolution durch die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte. Dies ist nicht selbstverständlich: Die Beratung über Artikel 10 zur Religionsfreiheit führt in der Nationalversammlung zu heftigen Diskussionen. Schließlich bestimmt ein Restitutionsgesetz (1790), dass alle Protestanten und ihre Erben früheres Eigentum, das man ihnen »in Zeiten der Unruhen und Intoleranz« genommen hat, zurückerhalten oder dafür angemessen entschädigt werden sollen.

Weiterführende Artikel

BFHG 11-12/2014 – Zeitschriftenausgabe
»Geburt und Taufe«
BFHG_2014_11_12.pdf
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