Die Magdeburger Polte-Werke und die Grabenkunst des Ersten Weltkriegs
Grabenkunst eines unbekannten Frontsoldaten im Ersten Weltkrieg
Hergestellt aus einer Artilleriegranate der Polte-Werke Magdeburg
Frankreich/Belgien, 1918
Biografie und Firmengeschichte
(dr). Der Gründer der Polte-Werke in Magdeburg, Eugen Carl Ferdinand Polte (1849-1911), stammt mütterlicherseits von Hugenotten ab und zwar aus der Linie L´Hermet. Er wird in der Französisch-Reformierten Kirche von Magdeburg getauft. Im 17. Jahrhundert ist Magdeburg neben Berlin Hauptaufnahmeort für hugenottische, pfälzische und wallonische Flüchtlinge in Brandenburg-Preussen.
Während den beiden Weltkriegen dient die Polte Armaturen- und Maschinenfabrik Magdeburg u.a. der Munitionsproduktion und steigt zwischenzeitlich zu Europas größtem Rüstungskonzern auf. Zur Zeit des Nationalsozialismus müssen in den Polte-Werken zahlreiche sog. fremdvölkische Zivilisten sowie Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge Zwangsarbeit leisten. Nachweislich sind hier Frauen und Männer aus den Konzentrationslagern Bergen-Belsen, Buchenwald und Ravensbrück beschäftigt.
Feldpostkarten 01
Feldpostkarte zur Grabenkunst französischer Frontsoldaten im Ersten Weltkrieg (gelaufen, 6. November 1917)
Paris: Edition SID, o.D. (1915-1917)
Bildlegende:
La fabrication des bagues au front
(Herstellung von Schmuckringen an der Front)
Feldpostkarten 02
Feldpostkarte mit Gedicht auf die Grabenkunst
französischer Frontsoldaten im Ersten Weltkrieg
(Nos Bagues – Unsere Schmuckringe)
Paris, o.D. (1914-1918)
Originaltext
NOS BAGUES
La rafale est passée et les Poilus bien vite
Sans souci des obus, une pioche à la main,
Bondissent des abris dans un trou de marmite
Pour retrouver au fond le blanc métal germain !...
Et puis, c’est l’atelier dans un coin des tranchées…
Quelques menus outils, une lime, un marteau,
Pour polir nuit et jour ces bagues guillochées,
Hier… instrument de mort, aujourd’hui… humble anneau !
La bague est terminée et demain, bonnes mères,
Femmes, petites sœurs, ces bijoux des frontières
Terniront à vos doigts vos plus riches joyaux !...
Car, toutes, vous saurez combien de moments tristes,
De soucis, de dangers, vos chers Poilus-Artistes
Ont vécus pour la faire… au fond de leurs boyaux !
Übersetzung
UNSERE SCHMUCKRINGE
Kaum ist der Salvenregen vorüber, springen die Frontsoldaten
schnell, ohne Sorge um die Granaten, einen Pickel in der Hand,
aus ihren Verstecken heraus in einen der Explosionskrater hinein,
um hier auf dem Boden das weiße germanische Metall zu finden.
Und dann, das Atelier in einer Ecke der Schützengräben:
Ein paar schmächtige Werkzeuge, eine Feile, ein Hammer,
um Tag und Nacht diese reich verzierten Ringe anzufertigen.
Gestern – ein Instrument des Todes, heute – was für ein ehrwürdiger Schmuckring!
Nun ist der Ring fertig und morgen, liebe Mütter, Frauen und kleine Schwestern, wird dieser an der Front entstandene Schmuck
all eure kostbaren Juwelen an euren Fingern erblassen lassen.
Ihr werdet nämlich alle wissen, wie viele traurige Momente, Sorgen und Gefahren eure lieben Frontsoldaten und Künstler erlebt haben,
um sie für euch anzufertigen, unten in ihren Schützengräben.
Ü: Christoph Hauser, Bischwiller (F)
Artilleriegeschosse
Artilleriegeschosse der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg
Quelle: Brockhaus´ Konversations-Lexikon. Leipzig, 1902.