Bernard Palissy (1510-1590)

(1) IMA.21.001 Statue von Bernard Palissy in St-Germain-des-Prés, Paris; (2) IMA.19.070 Porträtgemälde von Bernard Palissy (Chromolithografie, 1851) / © Sammlung PRISARD
(1) IMA.21.001 Statue von Bernard Palissy in St-Germain-des-Prés, Paris; (2) IMA.19.070 Porträtgemälde von Bernard Palissy (Chromolithografie, 1851) / © Sammlung PRISARD

Porträtgemälde Bernard Palissy, um 1580,

aus der Sammlung Sir Anthony de Rothschild (Chromolithografie, 1851)

Schenkung der Familie Richard & Marie B. LaCroix in Erinnerung an

CHARLES R. CRESTA SENIOR

US-Veteran, stationiert in Deutschland von 1951-1954

Biografie

(dr). Der französische Naturforscher, Chemiker, Keramikhersteller und Gartenarchitekt Bernard Palissy geht für seinen reformierten Glauben hohe Risiken ein und verliert am Ende sein Leben.

 

Die Zeit vor der Bartholomäusnacht (1572)

Palissy wird 1510, ein Jahr nach Johannes Calvin (1509-1564), in Saint-Avit (Südwestfrankreich) geboren. Nach seiner schulischen Ausbildung wählt er einen Berufseinstieg als Glasmacher und Glasmaler, wird jedoch bald einmal Landvermesser, was ihm ein gutes Einkommen sichert. Ab 1539 wohnt Palissy in Saintes (Westfrankreich), heiratet und arbeitet hier als Handwerker und gefragter Künstler.

 

Neben seinen beruflichen Fähigkeiten erweist sich Palissy als aufmerksamer Beobachter des Zeitgeschehens. Er erlebt und berichtet davon, wie Mönche anfangen, öffentlich gegen die katholische Kirche zu predigen, aber auch, wie sie dafür verfolgt werden. Um 1545/46 bekehrt sich Palissy selbst zum reformierten Glauben und wird Calvinist. Zusammen mit anderen gründet er in Saintes eine Gemeinde. Er ist hier Ältester und predigt gemeinsam mit einem ordinierten Pastoren. Palissy erlebt, wie Glaubensgeschwister um ihn herum inhaftiert und verbrannt werden und setzt sich vor Gericht mutig für sie ein.

 

1558 soll auch Palissy selbst verhaftet werden, doch wird der Haftbefehl nicht ausgeführt. Der Grund liegt wohl darin, dass Palissy als gefragter Künstler einflussreiche Gönner hat. Schließlich gibt aber der König Heinrich II. selbst den Befehl, dass die »Irrlehre« in Saintes (d.h. der reformierte Glaube) unterbunden werden soll. Daraufhin fliehen einige Hugenotten, Häuser werden durchsucht und Leute gefoltert, um die Namen von denen herauszubekommen, die an den geheimen und verbotenen Gottesdiensten teilnehmen. Als 1562 das Massaker von Wassy zum Ausbruch der Bürgerkriege führt, gerät Saintes ganz in katholische Hände. In dieser Zeit scheint sich Palissy in Deckung zu begeben. Doch berichtet er weiterhin über diese »schlechten Tage« (frz. »mauvais jours«), wie er sie nennt.

IMA.16.001 Massaker von Wassy (Kupferstich, 1588) / © Sammlung PRISARD
IMA.16.001 Massaker von Wassy (Kupferstich, 1588) / © Sammlung PRISARD

Daneben arbeitet Palissy weiterhin für den Herzog von Montmorency an einer Grotte und verfügt darüber hinaus über einen Schutzbrief, dass seine Arbeit und damit seine Person nicht angetastet werden dürfen. Schließlich wird er aber trotz seines Schutzbriefes verhaftet und soll gegen andere Mitgefangene aussagen. Aus dem Gefängnis schreibt Palissy einen Brief an seinen Auftraggeber Montmorency, der über hervorragende Beziehungen zum Königshof verfügt. Daraufhin bekommt Palissy von Catherine de Médicis, die für ihren minderjährigen Sohn regiert, den Titel verliehen: »Inventeur des rustiques figulines du roi«, was soviel heißt wie: 

»Erfinder der ländlichen Figuren des Königs«. Dadurch wird Palissy dem Gericht von Bordeaux entzogen und ist direkt der Gewalt des Königs unterstellt.

 

Dank dem Edikt von Ambois, das vorübergehend Glaubensfreiheit gewährt, kommt Palissy noch im selben Jahr wieder frei. Zurück in Saintes, arbeitet er an seiner Grotte weiter, unternimmt ausgedehnte Forschungsreisen durch ganz Frankreich und veröffentlicht sein vielbeachtetes Buch Receptes véritables.

 

Die Keramikkunst

Palissy entwickelt in Frankreich die Keramikkunst entscheidend weiter: Er entdeckt die vergessen gegangene Technik wieder, Keramik mit einer dünnen, transparenten Glasur zu überziehen, so dass das Darunterliegende exakt zum Vorschein kommt. Berühmt wird Palissy durch seine Tier- und Pflanzenschüsseln, die beispielweise im Louvre in Paris zu sehen sind. Auf den Böden dieser »Plats« lassen sich beispielsweise nebst detailgetreu nachgebildeten Pflanzensorten auch Schlangen, Eidechsen, Krebse, verschiedene Fischarten, Muscheln und Frösche erkennen.

 

Die Bartholomäusnacht (1572) und die Jahre danach

Nebst der Keramik wird Palissy auch durch seine Gartenarchitektur berühmt, so dass er 1564 sogar nach Paris berufen wird, um hier unter dem Schutz der Königin Catherine de Médicis an der Ausschmückung der königlichen Gärten, dem heutigen Jardin des Tuilleries, mitzuarbeiten. Erstaunlicherweise finden sich in den Schriften Palissys keine Notizen über die Ereignisse der Bartholomäusnacht von 1572, obwohl Palissy sich zu diesem Zeitpunkt in Paris befindet. Die Gründe dafür sind unklar. Er dürfte aber wegen seinem besonderen künstlerischen Wert auf Befehl der Königin verschont geblieben sein. Sicher ist aber, dass sich Palissy nur wenige Monate später mit seiner Familie in Sedan (Nordfrankreich) niederlässt, wo bereits zahlreiche andere Protestanten einen Zufluchtsort gefunden haben.

 

Offenbar tut sich Palissy in Sedan mit der Integration in die lokale Kirchgemeinde schwer. Er wird mehrmals von der Gemeindeleitung vermahnt und schließlich vom Abendmahl ausgeschlossen. Auch seine Ehe befindet sich offensichtlich in einer Krise. Palissy fängt an zu trinken und scheint vorübergehend zu verarmen. Von der Frau verliert sich auf einmal jede Spur. Von Sedan aus unternimmt Palissy weiterhin ausgedehnte Forschungsreisen ins Ausland und studiert u.a. Salze, Kristalle und Versteinerungsprozesse bei Fossilien.

 

1576, vier Jahre nach der Bartholomäusnacht, kehrt Palissy nach Paris zurück und hält hier acht Jahre lang als Professor wissenschaftliche Vorlesungen, die seinen Ruhm als Naturforscher, Kunsthandwerker und Verfasser von wichtigen wissenschaftlichen Theorien endgültig besiegeln.

IMA.19.003 Pariser Gefängnis »La Bastille« (Lithographie, 1885) / © Sammlung PRISARD
IMA.19.003 Pariser Gefängnis »La Bastille« (Lithographie, 1885) / © Sammlung PRISARD

Gefangenschaft in der Bastille und Tod

1585 zwingt ein erneutes Edikt die Protestanten entweder abzuschwören oder das Land zu verlassen. Palissy bleibt aber, wird ein Jahr später entdeckt und zum Tod verurteilt. Ganz offensichtlich hat er inzwischen seine besonderen und königlichen Schutzrechte verloren.

 

Ein Eintrag im Gefängnisregister vermerkt 1588, dass Bernard Palissy und eine andere Hugenottin hergebracht wurden, um aufgrund ihrer Irrlehre (»pour hérésie«) erhängt und erwürgt zu werden, und dass ihre Körper (in Verweigerung eines christlichen Begräbnisses) eingeäschert werden sollen. Obwohl er aufgefordert wird abzuschwören, bleibt Palissy seinem protestantischen Glauben treu. Schließlich wird er in die Bastille, dem berüchtigten Pariser Gefängnis, eingesperrt und bleibt hier bis zum Lebensende 1590 in Haft. Ein Gerichtsdiener, der ihn im Gefängnis besucht, schreibt 1590 abschließend in sein Journal: »In dieser Zeit starb in den Kerkerzellen der Bastille (…), Meister Bernard Palissy, Gefangener für die Religion, im Alter von 80 Jahren. Und er starb in Elend, Not und schlechter Behandlung; und mit ihm drei andere arme, als Gefangene für denselben Grund der Religion festgehaltene Frauen, die der Hunger und das Ungeziefer erstickt hat.«

Weiterführende Artikel

BFHG 03/2013 – Zeitschriftenausgabe
»Gefangen – Bernard Palissy«
BFHG_2013_03.pdf
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